Weihnachten und Rituale

Kolumne PASTA! Das Passauer Stadtmagazin, Dezember 2014

advent-musiktheater-linz-linztourismus-reckerstorferDer Mensch braucht Rituale – und Weihnachten bietet dazu Gelegenheit im Überfluss. Unabhängig von verschiedenen religiösen Prägungen übertrifft das Weihnachtsfest in puncto Ritualisierung alle anderen feierlichen Anlässe des Jahres. Ob Essen, Geschenke, Gottesdienstbesuch, Dekoration – bereits kleinste Details können über Gelingen oder Scheitern entscheiden. Rituale vermitteln uns Ankerpunkte, schenken Geborgenheit und geben uns die Möglichkeit, Gemeinschaft zu erleben. Die Kirche hat hier tiefe Prägungen hinterlassen – und auch wenn vieles davon in Auflösung begriffen ist, finden sich bis heute zahlreiche Spuren der christlichen Tradition in unserer Feierkultur.

Apropos Kultur: Linz und Passau gehören zwar verschiedenen Ländern, aber einem gemeinsamen Kulturraum an, der durch die Donau bzw. die Donau-Moldau-Region definiert ist. Durch Kooperationen soll dieser Kulturraum für die Menschen attraktiver werden und in Europa größere Bedeutung erlangen. Aber wo bleiben die Rituale? Für viele Passauer ist der Ausflug aus Kindheitstagen auf den Linzer Pöstlingberg der erste – und oft auch für Jahrzehnte letzte Kontakt mit der oberösterreichischen Landeshauptstadt. Zahlreiche kulturelle Veranstaltungen werden nur im jeweiligen engeren Umkreis wahrgenommen. Neue Museen oder Kulturformate haben es häufig
schwer, außerhalb der Landesgrenze bekannt zu werden.

Ein Grund mehr, sich alter Rituale zu entsinnen und neue zu etablieren – Anlässe zu schaffen, dem „Nachbarn“ einen Besuch abzustatten. Wer war noch nicht im neuen Musiktheater, dem modernsten Opernhaus Europas, das es seit 2013 in Linz gibt? Wer hat sich noch nicht vom Höhenrausch verzaubern lassen, die jährlich rund 150.000 Besucher begeistert? Ein gemeinsamer Kulturraum sollte mehr zu bieten haben als gute Infrastruktur. Die Kultur des Zusammenkommens, des Kennenlernens und des Entdeckens über die Grenzen hinweg zu pflegen ist ein guter Vorsatz für das Jahr 2015 – und hoffentlich zusätzlicher Ansporn für Politik, Wirtschaft und kulturelle Institutionen, dazu ihren aktiven Beitrag zu leisten.

Georg Steiner
Tourismusdirektor

 

 

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