Standortfaktor Lebensfreude

Kolumne PASTA! Das Passauer Stadtmagazin, September 2014

linz-alex-sigalovDie Donau-Moldau-Region zwischen Ostbayern, Österreich und Böhmen ist vom Barock geprägt – und von einer Lebensfreude, die sich während dieser Epoche entwickelte. „Fromm durch Freude“ lautete im 16. Jahrhundert das Motto, um die abgefallenen Schäflein im Zuge der Gegenreformation wieder zurück in die katholische Kirche zu führen – und dazu bediente man sich psychologischer Tricks und zutiefst menschlicher Sehnsüchte: Da der Protestantismus die Freude auf das Jenseits verlagerte und so ein Vakuum erzeugte, setzte der Barock auf üppige Prachtentfaltung – nicht zuletzt in der prunkvollen Architektur, die auch für Passau und Linz prägend wurde. Das Welt- und Menschenbild des Barock stand im Spannungsfeld von Lebensfreude und Todesbangen, Weltgenuß und Jenseitssehnsucht. Gerade wegen der Allgegenwärtigkeit des Todes
gab man sich wieder voll und ganz den irdischen Genüssen und dem drallen Leben hin. Das Motto lautete „Leben und leben lassen” – eine Einstellung, die auch heute noch unsere Heimat prägt.

Rückblickend sollten wir für die Lebensphilosophie, die sich damals während des Barock entwickelte, dankbar sein. Wir strahlen noch heute Optimismus und Sympathie aus: Wettbewerbsvorteile, die nicht nur im Tourismus greifen. Sowohl die Kirche als auch die Politik sollte sich dieser Faszination bewusst sein. Es geht nicht nur um Reglementierungen, Datenleitungen, Autobahnen und Gewerbeflächen. Es geht auch um mentale Standortfaktoren – in Linz begeistert der Höhenrausch auch heuer wieder zigtausend Besucher. Das Linzer Ars Electronica Center fasziniert mit spannenden Zukunftsfragen, und das diesjährige Festival stellt die Frage „C…what it takes to change“ (siehe www.aec.at/c/). In Linz erlebt man, wie Kunst auch im 21. Jahrhundert zum mentalen Katalysator werden kann – ähnlich wie während des im Barock. Das laufende Projekt “Barocke Kunst und Kultur im Donauraum” (siehe www.barockimdonauraum.eu), das Passau und Linz gemeinsam realisieren, liefert uns dafür einige Blaupausen.

Georg Steiner
Tourismusdirektor

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