Kolumne PASTA! Passauer Stadtmagazin, Oktober 2015
Seit 20 Jahren ist Österreich nun Mitglied der Europäischen Union. Wer sich zurückerinnert, wie unvorstellbar diese Mitgliedschaft lange Zeit beurteilt wurde (Stichwort: immerwährende Neutralität), dem fällt heute auf, wie selbstverständlich das mittlerweile gesehen wird.
Weder auf bayerischer noch auf österreichischer Seite hat dieses „Jubiläum“ heuer auch nur irgendeine Rolle gespielt. An das Ende des 2. Weltkriegs vor 70 Jahren, an den sog. „Staatsvertrag“, der Österreich vor 60 Jahren die Freiheit gebracht hat und da und dort auch noch auf den Fall des Eisernen Vorhanges vor mittlerweile 26 Jahren wurde erinnert. Dass all diese Entwicklungen aber im gemeinsamen Europa aufgegangen sind, gilt als selbstverständlich. Ja: es ist sogar mit einem negativen Touch versehen. Europa ist ins Gerede gekommen. Vielleicht hat sich unser Kontinent zu lange mit Themen beschäftigt die uns blind gemacht haben für die wirklichen Herausforderungen in dieser Welt.
Wurde das große Ganze aus dem Auge verloren? Die gemeinsame Währung, die offenen Grenzen – alles selbstverständlich. Und nun wird uns schmerzlich bewusst, auf welch dünnem Eis wir uns bewegen. Von den Griechenland-Rettungsaktionen bis zur aktuellen Flüchtlingswelle. Gerade hier in der Donau-Moldau-Region sollten wir mehr Europäer werden, die wissen, dass sicheres und bequemes Leben nur möglich ist, wenn internationale Stabilität und Perspektiven auch für die Nachbarn außerhalb der EU vorhanden ist. Im Kleinen und Alltäglichen sollten wir uns öfters über die Grenzen bewegen – ob kulturell, wirtschaftlich, sportlich, zum shoppen oder ins Kaffeehaus.
Wir sollten mehr teilnehmen an den Entwicklungen in den Nachbarländern – seien es Wahlen, kulturelle Projekte oder gesellschaftliche Themen. Dass die Programme des ORF in Bayern nur noch eingeschränkt zu sehen sind ist genau das Gegenteil davon. Das mediale Europa sollte mehr sein als gemeinsame Volksmusiksendungen und Krimis. Zwischen Passau und Linz, aber auch in Richtung Krumau und Budweis – hier sollten wir Europa leben und erleben, es mehr schätzen und nicht alles als selbstverständlich betrachten.
Georg Steiner
Tourismusdirektor